KI in der Politik: Übernimmt jetzt die Maschine?

Wer die Debatten der letzten Wochen verfolgt, kann den Eindruck einer Zäsur bekommen: Die auf künstlicher Intelligenz basierende Sprachsoftware „ChatGPT“ erobert mit täglich neuen Rekordzahlen auch die Büros und Debatten der Politik. Und während innerhalb der Tech-Branche ein neuer Wettkampf entbrannt ist, geht es politisch Aktiven um die Folgen: Wie wird sich Politik verändern – und übernehmen künftig die Algorithmen?

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Beim Thema künstlicher Intelligenz stehen wir erst einmal vor einem Problem: Es wird unglaublich viel hineininterpretiert, miteinander vermengt und auch Falsches behauptet. Das fängt schon beim Begriff an: Während die einen hier selbstdenkende Computerprogramme vermuten, die alles und jeden ersetzen können, sehen andere lediglich ein ergänzendes Arbeitsmittel, welches den Alltag erleichtert – Terminator oder Taschenrechner.


Der Begriff „Künstliche Intelligenz“ (KI) ist nicht geschützt oder einheitlich definiert. Was aktuell unter dem Begriff am häufigsten verwendet wird, sind Entscheidungen einer Software, welche diese auf Basis von Informationen ableiten kann, bspw.: Wenn es regnet, wird es nass. Damit das funktioniert, werden der Software viele solcher Zusammenhänge von Menschen beigebracht. Die Software verfasst also keine eigenen Gedanken, sondern befolgt Anweisungen.

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Schon seit den ersten größeren Computern der 50er und 60er sind diese in der Lage, schneller als der Mensch zu rechnen. Was aktuell eher neu ist sind folgende drei Dinge:


  • Die Masse an zur Verfügung stehenden und speicherbaren Daten
  • Die Geschwindigkeit im Zugriff auf diese Daten
  • Das eigenständige Erfassen neuer Zusammenhänge


Umso mehr Informationen gesammelt werden können, desto präziser, kenntnisreicher und auch nützlicher werden Ergebnisse. Das neue an einer Software wie ChatGPT ist, dass sie dank neuester Bauweisen der Rechner auf gigantische Datenmengen unentwegt zugreifen und immer wieder neu bewerten kann. Auch sind moderne Algorithmen in der Lage, neue Gedanken zu entwickeln, bspw.: Wenn es bei Regen nass ist und ein Schirm vor Nässe schützt, dann sollte ein Schirm vor Regen schützen.


Ob die Software richtig liegt, müssen zunächst wieder Menschen bewerten. Dass ChatGPT die Welt mit unglaublich präzisen Antworten und menschenähnlichen Formulierungen überrascht hat, lag vor allem daran, dass die dahinter stehende Firma „OpenAI“ immer wieder Mitarbeitende die Antworten der Software hat bewerten lassen. Vor allem, dass selbst richtige Antworten noch einmal in besonders gute und weniger gute von echten Menschen unterteilt wurden, machte wohl den Unterschied. Daher spricht man auch oft davon, die künstliche Intelligenz zu „trainieren“.

Wenn wir also das Gefühl haben, dass ChatGPT mit uns spricht, dann wiederholt die Software einfach nur, was ihr beigebracht wurde. Und selbst wenn sie vorgibt, lebendig zu sein oder eine Meinung äußert, ist dies wieder nur eine Reaktion auf Beigebrachtes sowie auch recherchierbares Verhalten. KI denkt nicht, sie interpretiert, imitiert und folgt Befehlen.

Kann das Menschen die Arbeit wegnehmen und auch bspw. Politik dauerhaft ersetzen? Nein. Aber es wird alles ersetzen, wie wir es heute praktizieren.

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Deutschlands KI steckt noch im Schrank

Politik ist das Lösen von Problemen, welches oftmals neue Probleme schafft bzw. auf neue Herausforderungen abgestimmt werden muss. Viele hoffen daher, dass die KI hochkomplexe Zusammenhänge erfassen kann und so nachhaltigere und fairere Lösungen entwickeln kann. Ohnehin stellt sich die Frage: Wenn KI selbstständig Texte schreiben, Bilder und Videos erzeugen und sogar Abstimmungen treffen kann, wie viel bleibt dann noch für Menschen übrig?


Dazu müssen wir uns drei Aspekte anschauen:


  • Der Datensatz deutscher Politik im Netz
  • Das Ergebnis datenbasierter Politik
  • Das Überwinden aktueller Fehler

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KI muss in drei Ebenen gedacht werden


Die Datenbasis, auf der KI agiert, kann grundsätzlich in drei Ebenen eingeteilt werden: Auf der ersten Ebene (1) steht ein großer Datensatz, den eine allgemeine KI aufbereitet, wie es derzeit etwa OpenAI tut. Diese kommt aber aufgrund mehrerer Probleme schnell an ihre Grenze: Da für eine bestimmte Aufgabe immer auf alle Daten zugegriffen wird, ist jede Suchanfrage enorm teuer. Zudem kann die KI nur mittels hoher Eingabe (bspw. vielen Nachfragen) wirklich konkret antworten.

Es braucht vielmehr eine zweite Ebene (2), auf der Input menschlicher Expertise die allgemeine KI aus (1) für Themenbereiche aufbereitet, etwa auf „Politik“, „Jura“, oder „Biologie“. Je nach Nachfrage wird es hier private oder staatliche Interessen geben, zu investieren. Zudem wird der Datensatz hier wahlweise gekürzt oder wiederum mit Spezialwissen ergänzt.

Wichtig ist zu bedenken: Wie bei den Suchergebnissen der heutigen Suchmaschinen geht es auch in der KI nicht um irgendeine Antwort, sondern um zeitnah die beste Antwort. Wir nutzen auch heute nicht einfach jede Suchmaschine, sondern die, welche uns direkt die beste Antwort gibt. Unternehmen, bei denen Zeit Geld ist, werden Vorteile haben, wenn ihre KI schneller ist.


Dabei kommt die dritte Ebene (3) ins Spiel, welche sich entlang von Spezialinteressen hangelt. Ein Beispiel für Politik kann sein: „Baurecht für Brandenburger Kommunalpolitik“. Wenn lokale Verwaltungen also bspw. Bauanträge mittels KI schneller bearbeiten wollen, muss der darunterliegende Datensatz dafür zunächst aufbereitet werden. Dieses Invest steht aber noch aus.


Daraus ergibt sich schon mal die erste Baustelle für deutsche Politik: Unsere Daten sind größtenteils noch nicht einmal digitalisiert. Obwohl eine (1) KI also allgemein weltweit etwa nach Bauvorhaben schauen kann und eine (2) KI bspw. durch eine Universität in deutschem Recht trainiert werden kann, fehlt der KI für lokale Baupolitik alles Wissenswerte etwa aus den Bauvorhaben der letzten 100 Jahre.

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Die Wiederholung ist die Mutter der Erfolglosigkeit


Aber selbst, wenn die KI in allen drei Ebenen auf den Punkt trainiert ist, wird sie das nächste Phänomen ereilen: Wer nur das tut, was er bereits kennt, bekommt auch nur das, was er schon hat. Ob in der Kultur, in der Wirtschaft oder auch in der Politik zeigt sich immer wieder: Erfolg lässt sich nicht kopieren. So oft es auch versucht wird, immer stoßen Nachahmende an ihre Grenzen.


Es wird keinen Zeitpunkt geben, an dem KI gänzlich neue Antworten entwickeln kann. Vielmehr liegt der wirklich wertvolle Beitrag darin, etwa für den Menschen oftmals nicht mehr erfassbare Zusammenhänge aufzuzeigen, mehr bestehende Lösungen zu erfassen und diese in viel kürzerer Zeit überzeugend aufzubereiten. Wir wissen, heute scheitert es oftmals schon daran, Erfahrungen und Vorstellungen auch nur unterhalb von Nachbarorten abzustimmen.


Wer nun annimmt, dass es doch aber vielleicht genügend Anreize gibt, dass immergleiche Mittelmaß zu verwalten, bekommt seine Antwort bereits jetzt: Auch heute stehen viele Antworten auf Krisen im medialen und politischen Wettbewerb, ob auf Corona, Energiekrise oder hohe Mieten. Wer dabei versucht, nur auf Bekanntes zurückzugreifen, scheitert heute schon. Die politische Debatte um die besten Ideen bleibt immer eine Mischung aus bekannten Lösungen, neuen Ansätzen sowie die Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten.


Eine aufbereitete KI kann also diese Prozesse schneller und effizienter machen, aber sie kann den menschlichen Einfluss niemals ersetzen. Zudem sollten wir bedenken: Wer soll denn die KI auf die Spezialfälle trainieren, wenn nicht diejenigen, welche dort auch aktuell eine Expertise haben? Und ob es im Bauamt wirklich spannender ist, wie aktuell händische Anträge abzustempeln, in Formulare einzutragen und anschließend abzuheften, anstatt den Datensatz der KI aufzubereiten, darf hinterfragt werden.

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Wenn es die KI kann, ist es eh nicht sonderlich wertvoll


Bleibt also noch alles, was im politischen Bereich in die tägliche Arbeit fällt: Das Artikelschreiben, das Posten, das Abstimmen. Es sollte jetzt nicht verwundern, dass auch hier die KI nicht der Weisheit letzter Schluss sein wird. Das liegt aber an etwas ganz anderem: In diesem Bereich ist die Politik jetzt schon schwach.


Geht es um parlamentarische Abstimmungen und ggf. noch die Pressearbeit ist auf allen politischen Ebenen eine hohe Professionalität zu erkennen. Geht es aber um die Kommunikation mit Wähler:innen, merken wir schon seit Jahren, dass es immer seltener gelingt. Durch die sozialen Medien herrscht ein besonderer Druck, immer erreichbar zu sein. Dennoch gibt es kaum erfolgreiche Profile und trotz viel mehr Möglichkeiten scheint sich Politik dennoch eher immer mehr von den Menschen zu entfernen.


Wer also derart austauschbare Formate wie das Ich-Posting (Ich am Bahnhof, ich auf der Sitzung, ich beim Kochen) oder die immergleichen Sprechblasen (Ich bin der Meinung, dass dies – und davon sollte man doch ausgehen…) verwendet, wird durchaus zur KI greifen können. Nur, wozu sollten wir das tun? Vielmehr sollten wir die Möglichkeiten der KI nutzen, sie als Grundlage zu nehmen, um wirklich etwas mit Mehrwert zu schaffen.


Auch hier werden sich vor allem diejenigen hervortun, welche besonders authentisch und menschlich agieren. Trotz aller Algorithmen in den sozialen Medien, denen wir heute schon ausgeliefert sind, gehen immer die Inhalte viral, welche sich durch besondere Kreativität und Neuheit auszeichnen. Da die Politik hier ohnehin aufzuholen hat, sollte sie es dieses Mal gleich richtig tun.

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Mit der KI sicher im Netz


Bleibt der Blick auf die Gefahren der KI, sowohl im Alltag als auch in ihrem technischen Rahmen. Viel wird dieser Tage ja etwa vor Deep Fake, also gefälschten Interviews oder Ereignissen gewarnt. Allerdings ist auch hier die KI nur etwas, womit wir umgehen lernen müssen. Das nicht alles stimmt, nur weil es im Internet steht (oder auf einer Zitatkachel in WhatsApp geteilt wird), mussten wir uns erarbeiten. Gleiches gilt für Manipulation mittels KI.


Vielmehr erleben wir, dass dies einigen in unserer Gesellschaft leichter fällt als anderen, übrigens unabhängig vom Alter. Daher bleibt es dabei, dass Medienkompetenz eine lebenslange Aufgabe ist. So, wie wir etwa gelernt haben, die Inhalte von Wikipedia-Artikeln zu hinterfragen. Und wenn weiterhin Teile der Politik eher mit Fälschungen und Hetze agieren wollen, was übrigens ebenso so alt wie die Menschheit ist, dann wird es weiter darum Debatten geben müssen. Es wird aber auch weiter Menschen geben, die besonders empfänglich dafür sind.


Eine weitere Debatte wird sein, wie wir unsere KI künftig schützen wollen. Wenn wir Daten vernetzen, stellen wir sie entsprechend in eine Cloud. Dazu brauchen wir guten Kontenschutz und Gerätesicherheit. Es wird auch neue Abläufe rund um die Cloud und der DSGVO geben müssen. Über all das informieren wir in unseren kostenfreien Workshops. Unter dem Artikel können Sie gerne ein Gespräch mit uns dazu ausmachen.


Zu guter Letzt geht es doch aber um ganz neue Fragen: Wen ermächtigt KI eigentlich zur Teilhabe an Politik, etwa wenn auch kleinste Bürgerinitiativen ohne viel Vorwissen druckreife Beschlüsse formulieren können? Wem gehört die KI und wie gehen wir mit Stereotypen in den Datensätzen um? Was macht es mit Politik, wenn Prognosen und Lösungen präziser werden und wie wägen wir schwierige Lösungen künftig ab?


Die KI wird keine Politik der Maschine erzeugen. Vielmehr ist sie Chance sowie Herausforderung für den politischen Betrieb. Damit es gelingen kann, stehen etwa mit der flächendeckenden Einführung der Cloud jede Menge Hausaufgaben an. Gleichzeitig bietet sich ein Fenster, ein paar alte Fehler gleich mit abzustellen.

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